Stellungnahme zur Vernehmlassung

Absender·

Dr Fred Styger Stiftung c/o Heinz Stamm, Platz 12. 9102 Herisau

Ebnet-Stiftung c/o Hanswalter Schmid, Ebn1 3 9053 Teufen

Huber+ Suhner-St1ftung c/o Urs Alder Huber+ Suhner AG 9101 Hensau

Llenhard-Stiftung, c/o Alexander Bmer, Altred Lienhard Strasse 1 9113 Degershe1m

Metrahm Stiftung, c/o Dr Willy Hartmann. Oberdorfstrasse 73 9100 Herisau

Steinegg Stiftung Stemegg 3, 9100 Hensau

 

 

Departement Inneres und Sicherheit

von Appenzell Ausserrhoden

Schützenstrasse 1

9100 Herisau

 

 

Vernehmlassung über die Ergänzung zum Beschluss über den Beitritt des Kantons Appenzell

Ausserrhoden zur Interkantonalen Vereinbarung vom 26. September 2005 über die

Ostschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht vom 26. Juni 2006 (Aufsicht über die klassischen

Stiftungen)

 

 

Sehr geehrter Herr Landammann

 

Wir danken Ihnen für die Einladung zur Vernehmlassung und nehmen die Gelegenheit gerne wahr,

nochmals dazu Stellung zu nehmen.

 

Wir beantragen, auf die Übertragung der Aufsicht über die gemeinnützigen Stiftungen auf die

Ostschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht aus folgenden Gründen zu verzichten:

 

1 Der Vorschlag steht im Widerspruch zum breit anerkannten Grundsatz der funktionalen

Trennung der Aufsicht über Vorsorgestiftungen von jener über gemeinnützige Stiftungen.

 

a. Diese Trennung war für die Neuordnung im Jahre 2005 ausdrücklich gewollt und hat sich als geltende

Ordnung bewährt. Sie wird von Wissenschaft und Praxis unterstützt und für künftige Reformen

gefordert.

 

b. Obwohl der RR den Sinn einer konsequenten funktionalen Trennung zu erkennen vorgibt, schlägt er

das Gegenteil vor. Die Trennung der Aufsicht würde durch den Vorschlag aufgehoben und wäre nicht

mehr sichergestellt.

 

c. Angesichts der unterschiedlichen Gewichtung zwischen Vorsorge- und klassischen Stiftungen ist in

der Praxis mit einer steten Ausdehnung der detaillierten BVG-Normen auf gewöhnliche Stiftungen zu

rechnen. Darunter leidet die gesetzlich verankerte Stiftungs- und Stifterfreiheit

 

2 Der Vorschlag stellt mit dem Scheinargument der mangelnden Professionalität die

funktionierende, eigenständige Regelung infrage.

 

a. Die kantonale Stiftungsaufsicht funktioniert seit Jahren klaglos. Sie arbeitet effizient, effektiv,

zuverlässig und kostengünstig. Ihre Aufgabe ist in der überwiegenden Anzahl der Fälle Routinearbeit.

Die Stiftungen sind verpflichtet, ihre Jahresberichte samt Jahresrechnung, Revisionsbericht und einer

Liste der Zuwendungen, wenn nötig, mit weiteren Unterlagen als Grundlage der Prüfung einzureichen.

 

b. Wenn für seltene, schwierige Einzelfälle Spezialisten beigezogen werden müssen, tut dies der

sorgfältigen, professionellen Arbeit einer Aufsichtsbehörde keinen Abbruch. Die Stiftungen haben der

Stiftungsaufsicht ihre Anliegen auf eigene Kosten schriftlich vorzulegen und zu begründen. Eine

gesetzliche Pflicht zur Beratung durch die Aufsichtsbehörde besteht nicht.

 

c. ln einem Kanton, der in den vergangenen Jahren sein Fachpersonal, auch das ju ristische, in vielen

Verwaltungsbereichen stark ausgebaut hat, erscheint die kleinliche Klage mangelnder Professionalität

als ausgesprochen bürokratische, geradezu defaitistische Begründung. Wie wenn es in Ausserrhoden

nicht möglich wäre, eine geeignete, kompetente Person in 10- 20%-Teilzeitarbeit für die Aufsicht über

74 gemeinnützige Stiftungen zu finden und organisatorisch einzugliedern!

 

d. Nach dem Motto: «Hauptsache, wir haben damit nichts mehr zu tun», erscheint die Übertragung auf

die Ostschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht als das bequemste Mittel, um sich der ungeliebten

Aufgabe zu entledigen. Vom Willen der Regierung, für die eigenen gemeinnützigen Stiftungen

Verantwortung zu übernehmen und die Aufgabe selbst wahrzunehmen, scheint nichts spürbar, obwohl

der Kanton und seine Bevölkerung in grossem Masse profitieren. Ausgerechnet in einem Kanton, der

sonst viel auf seine Eigenständigkeit gibt!

 

e. Die Übertragung der Stiftungsaufsicht führt in streitigen Fällen übrigens nicht zu der erhofften

Entlastung des Regierungsrates, bzw. des heute zuständigen Departementes. Das DIS bleibt erste

Instanz für den Rechtspflegeweg nach den Vorschriften des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege

(so ausdrücklich: Bericht zur Vernehmlassung, S. 5/6, Ziff. 5 lit. c, i.V.m. Interkantonalen

Vereinbarung über die Ostschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht vom 26. September 2005, Art. 6

Rechtsschutz). Das Departement hätte sich in diesen Fallen trotzfehlender Professionalität damit zu

beschäftigen und kundig zu machen. Nur eben in komplexen Fällen und ohne Vorkenntnisse.

 

f. Zur Klarstellung: Eine fachkundige, effektive und effiziente Stiftungsaufsicht ist auch im Interesse der

Stiftungen selbst.

 

3 Der Vorschlag verkennt die wichtige wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische

Bedeutung der klassischen Stiftungen im Kanton.

 

a. Dass sich der Regierungsrat seiner Aufgabe zur Überwachung der Stiftungen aus

verwaltungstechnischen Gründen entledigen will, zeigt nicht nur ein geringes Interesse an deren

Tätigkeit, sondern darüber hinaus wenig politisches Gespür. Die wirtschaftliche und

gesellschaftspolitische Bedeutung der Zuwendungen der hier ansässigen gemeinnützigen Stiftungen

ist gemessen an der Bevölkerungszahl enorm und übersteigt bei weitem diejenigen anderer

Ostschweizer Kantone. Es sind jährlich Millionenbeträge, die dem Kanton und seinen Gemeinden,

ihren Institutionen, unzähligen Vereinen und Gruppierungen für soziale, kulturelle, wirtschaftliche,

sportliche Zwecke zukommen. Sie unterstützen, nicht selten auf Ersuchen der kantonalen Behörden,

die Erfüllung staatlicher Aufgaben, insbesondere im Bildungsbereich und Gesundheitswesen.

 

b. Die überwiegende Anzahl der gemeinnützigen Stiftungen mit Sitz in AR nennen in ihren Statuten den

Kanton AR, bestimmte Gemeinden oder Einwohner als Adressaten ihrer Fördertatigkeit. Die Gründer

dieser Stiftungen haben - u.a. mit der Wahl des Sitzes - bewusst die Nähe zu den gesellschaftlichen

und wirtschaftlichen Verhältnissen und zu den politischen Behörden des Kantons gesucht, um eine

wirksame und zielgerichtete Verwendung ihrer Stiftungsmittel im Sinne ihrer sozialen Verpflichtung

sicherzustellen. Einzelne Stifter wünschten sogar den Einsitz eines Vertreters des Regierungsrates im

Stiftungsrat, der damit die Gelegenheit erhielt, besondere Anliegen und Bedürfnisse, zu deren

Berücksichtigung der Staatsetat nicht ausreichte, direkt in die Beratungen einzubringen. Aus

Compliance-Gründen ist diese Einsitznahme heute unerwünscht.

 

c. Durch den Verlust der Aufsicht über die klassischen Stiftungen gehen den kantonalen Behörden

wichtige Informationen verloren. Etwa über die Zusammensetzung der Stiftungsorgane, ihre

Arbeitsweise und Praxis bei der Mittelverwendung und nicht zuletzt der Einblick in die

Vermögensverhältnisse bzw. des Potentials der Stiftungen, wie sie in den jährlichen

Rechenschaftsberichten an die Stiftungsaufsicht offengelegt werden. Auch Diskussionen über

mögliche Umwandlungen, Zusammenschlüsse, Zweckänderungen etc. gehen an ihnen vorbei.

 

d. Mit der Auslagerung der Stiftungsaufsicht verliert der Regierungsrat bisher nützliche Kontakte zu den

Vergabestiftungen, die sich über die Jahre als fruchtbar für das gesellschaftliche, wirtschaftliche und

politische Leben in unserem Kanton erwiesen. Er gibt damit eine Eigenart unseres Kantons preis, die

uns Beachtung und Anerkennung über die Kantonsgrenzen hinaus einbringt. Die selbstbewussteren

Innerrhoder kommen hier zu einer völlig anderen Beurteilung. So ist der derzeitige Präsident der

Ostschweizer BVG- und Stiftungsaufsicht, der z.Zt. stillstehende Innerrhoder Landammann, in seinem

eigenen Kanton dezidierter Verfechter der Trennung der Aufsicht über die BVG- und klassischen

Stiftungen. Diese werden durch die Innerrhoder Stiftungsaufsicht selbst überwacht. Warum wohl?

 

e. Der Kanton vergibt sich schliesslich der Möglichkeit, durch eine eigenstandige Stiftungsaufsicht einen

angemessenen Rahmen für die Tatigkeit der Stiftungen zu schaffen. Die Wahl des Sitzes und damit

der Aufsichtsbehörde richtet sich in der Regel nach dem Schwergewicht der Fördertatigkeit und fällt in

den meisten Fallen auf denjenigen Kanton, "der die für eine dynamische Stiftungsentwicklung die

förderlichste Aufsichtspraxis hat. Unterschiede zeigen sich insbesondere bezüglich Dienstleistungsbereitschaft

und liberaler Haltung" (vgl. Swiss Foundations Code 2015, S. 30). Der Regierungsrat

scheint keinen Sinn dahinter zu sehen und zieht es vor, der Konkurrenz zu Gunsten einer lebendigen

Stiftungslandschaft möglichst auszuweichen.

 

 

Sehr geehrter Herr Regierungsrat. Die Vertreter der angeführten gemeinnützigen Stiftungen ersuchen

Sie um Kenntnisnahme und Berücksichtigung dieser Überlegungen. Wir hoffen, dass die

Stiftungsaufsicht weiterhin im Kanton bleibt und beantragen auf die Vorlage zu verzichten.

 

 

Herisau, den 30. Juni 2017