Stellungnahme der Parteiunabhängigen Appenzell Ausserrhoden (PU AR) zur Vernehmlassung Totalrevision Kantonsverfassung
Die Kantonsverfassung ist mehr als nur ein juristischer Text, sie ist auch ein politisches, geschichtliches und kulturelles Dokument. Somit ist sie eine Verschriftlichung des politischen Erbes ebenso wie ein Zeugnis des aktuellen Selbstverständnisses des Kantons und vorausschauend auf die kommenden 20 Jahre bis zur nächsten Revisionsüberprüfung. Deshalb sollte sie in einer allgemein verständlichen Sprache formuliert sein. Die PU AR legen dem Regierungsrat nahe, einen Leitfaden in einfacher Sprache abzufassen, um allen Stimmberechtigten die Möglichkeit zu eröffnen, sich mit der Kantonsverfassung vertraut zu machen.
Irritation
Irritiert hat der Umstand, dass teilweise vom Entwurfsvorschlag der Verfassungskommission abgewichen. Dies führt die PU zur Frage: Wie frei war die Verfassungskommission in ihren Entscheidungen? Wer führte tatsächlich den Lead? Der Regierungsrat, die Verwaltung oder die Kommission?
Diskussionspunkte
Zum Teil kontrovers diskutiert wurden die Präambel, das Stimmrechtsalter, das Ausländerstimmrecht, die Volksdiskussion, die Streichung der Amtsbezeichnung Landammann, das Wahlrechtssystem und der Artikel zum Klimaschutz. Die selben Diskussionen waren auch bereits in der Verfassungskommission und in den Medien festzustellen. Die PU sind sich bewusst, dass es hier kein ‚Richtig‘ oder ‚Falsch‘ gibt. Gerade emotionale Fragen können kaum mit Argumenten gelöst werden. Deshalb empfehlen die PU, dass die Stimmbürger*innen bei möglichst vielen Fragen direkt und selber bewerten sollten, ob sie Variante A oder B möchten. So könnte es gelingen, dass die neue Kantonsverfassung durch das Volk angenommen wird. Ansonsten befürchten die PU, dass das ‚Fuder‘ überladen ist und die ganze Kantonsverfassung beim Volk aufgrund weniger Punkte Schiffbruch erleiden könnte. Als Beispiel dient die Präambel: Die Diskussion ‚mit oder ohne Gott‘ führt der PU AR zu wenig weit. Ein ‚Entweder – Oder‘ erachten wird als zu eng. Die PU schlagen daher eine andere Formulierung vor, welche zukunftsgerichtet und umfassend ist und der gesamten Kantonsbevölkerung gerecht wird.
Offene Fragen
Entschieden setzen sich die PU dafür ein, dass auch in der neuen Verfassung verankert sein muss, dass der Kanton die Möglichkeit hat, eine Bank zu betreiben. Ebenso erachten die PU es als unabdingbar, dass Rechte und Pflichten eines Menschen stets einhergehen. Die Diskrepanz zwischen «Ich darf abstimmen und wählen, bin aber aufgrund meines Alters selber nicht wählbar» ist nicht befriedigend. Der Begriff ‚Volljährigkeit‘ wäre nicht an ein unveränderbares Alter gekoppelt. Es bräuchte somit auch keine Verfassungsanpassung, wenn Volljährigkeit gesamtschweizerisch auf das 16. Altersjahr festgelegt werden sollte.
Für ein angepasstes Wahlsystem
Dem Protokoll der Verfassungskommission sowie der Medienberichterstattung konnte entnommen werden, dass alternative Wahlsysteme angesprochen wurden. Ob dafür ein viertelstündiges Referat eines Juristen ausreichend ist, bezweifeln die PU. Innovativ und zukunftsgerichtet wäre, sich von der langjährigen Diskussion um das Majorz- und Proporzwahlsystem zu verabschieden und dafür die Präferenzwahl einzuführen. Diese wäre zwar schweizweit noch neu, würde aber den ausserrhodischen Gegebenheiten und Traditionen am besten entsprechen. Deshalb wird der Regierungsrat ausdrücklich aufgefordert, eine entsprechende Expertise zu erstellen.